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3D-Model­ling und Laser­cut­ter im Schulunterricht

Wie das Sys­tem Kyub des Has­­so-Plat­t­­ner-Ins­ti­­tuts digi­ta­les und ana­lo­ges Ler­nen zusammenführt

Schüler:innen, die inner­halb einer Schul­stun­de einen Stuhl, eine Gitar­re oder einen Laut­spre­cher ent­wer­fen, dann im 3D-Modell wei­ter­ent­wi­ckeln, mit einem Com­­pu­­ter-gesteu­er­­ten Laser­cut­ter aus Holz Stü­cke aus­schnei­den und die­se Stück für Stück zu einem Pro­to­ty­pen zusam­men­set­zen – ist das der Unter­richt der Zukunft?
Digi­ta­les und ana­lo­ges Ler­nen sind in Deutsch­lands Schu­len noch weit von­ein­an­der ent­fernt. Das inter­dis­zi­pli­nä­re Sys­tem Kyub des Has­­so-Plat­t­­ner-Ins­ti­­tuts könn­te das ändern. Mit Fron­tal­un­ter­richt, Schul­bü­chern und klas­si­schen Lern­kon­zep­ten hat Kyub aller­dings nur noch wenig zu tun. Es besteht aus drei Haupt­kom­po­nen­ten: einem Cur­ri­cu­lum von her­aus­for­dern­den Pro­jek­ten, einer Soft­ware, die über alle gän­gi­gen Web­brow­ser funk­tio­niert und schließ­lich einem Laser­cut­ter. Die Soft­ware unter­stützt Schüler:innen dabei, digi­tal einen All­tags­ge­gen­stand zu kon­zi­pie­ren. Die dazu­ge­hö­ri­gen Bau­tei­le wer­den über den Laser­cut­ter, gesteu­ert von der Soft­ware, pass­ge­nau aus­ge­schnit­ten und eigen­hän­dig im Klas­sen­zim­mer zusam­men­ge­baut. Kom­ple­xe Lern­in­hal­te wer­den so greif­bar und eigen­in­itia­tiv bear­bei­tet. Das for­dert neben ana­lo­gem Ler­nen und digi­ta­ler Kom­pe­tenz auch hand­werk­li­che Geschicklichkeit.

Damit ist die inter­dis­zi­pli­nä­re Schul­stun­de aber noch nicht been­det: Die Klas­se lernt an den eige­nen Objek­ten. Wie klingt der Schall­kör­per der Gitar­re und was pas­siert mit dem Sound, wenn der Rumpf ver­grö­ßert oder ver­klei­nert wird? In die­sem Fall wird Wis­sen über Phy­sik erfahr­bar gemacht, aber genau­so kön­nen Lehrer:innen sich in den Unter­richts­stun­den auch auf Design, Inge­nieurs­grund­wis­sen oder wis­sen­schaft­li­che Grund­me­tho­dik konzentrieren.

Vom digi­ta­len Kon­su­mie­ren hin zum Ent­wi­ckeln und Produzieren

Prof. Dr. Patrick Bau­disch, der am Has­­so-Plat­t­­ner-Ins­ti­­tut den Fach­be­reich Human Com­pu­ter Inter­ac­tion lei­tet, ist gemein­sam mit sei­nem Team für die Ent­wick­lung des Kyub-Gesam­t­­sys­­tems ver­ant­wort­lich und arbei­tet gera­de gemein­sam mit der Grace-Hop­­per-Gesam­t­­schu­­le Tel­tow an einem Pilot­pro­jekt. Die neue Lern­form wird direkt in den Schul­all­tag inte­griert und Schu­lun­gen, Sof­t­­wa­re-War­­tung und die Umset­zung vom Team des Has­­so-Plat­t­­ner-Ins­ti­­tuts begleitet.

„Wir wol­len Schüler:innen nicht nur zum Kon­su­men­ten digi­ta­ler Medi­en machen, son­dern brin­gen ihnen bei, zu ent­wer­fen und zu pro­du­zie­ren. Dadurch füh­ren wir ana­log und digi­tal aktiv zusam­men und die­se Kom­bi­na­ti­on ist zen­tral um das gesteck­te Ziel zu errei­chen.“, erläu­tert Bau­disch die Her­an­ge­hens­wei­se. „Digi­tal heißt nicht, dass man flie­ßend Tik­Tok bedient — Digi­tal heißt, aktiv an der digi­ta­len Welt teil­zu­neh­men. Wir geben Schüler:innen die dafür not­wen­di­gen Werk­zeu­ge an die Hand und damit die Chan­ce, sich weiterzuentwickeln.“

Der Unter­richt ver­mit­telt nicht nur die digi­ta­le Kom­pe­tenz, die es braucht, um das Pro­gramm zu bedie­nen, son­dern auch die Kom­pe­tenz, um im Pro­gramm die eige­nen Ideen zu kon­fi­gu­rie­ren. Beim anschlie­ßen­den Zusam­men­bau­en der ein­zel­nen Tei­le geht es dar­um, den eige­nen Ent­wurf auf sei­ne Funk­tio­na­li­tät zu über­prü­fen. Die digi­ta­le Idee wird somit tat­säch­lich anfassbar.

Eine Schul­stun­de, ein Projekt

Das Beson­de­re ist die Schnel­lig­keit, mit der es das Kyub-Sys­­tem erlaubt Pro­jek­te umzu­set­zen. Das ist essen­zi­ell für den Ein­satz in Schu­len. Denn vom Ent­wurf bis zum fer­ti­gen Stuhl benö­tigt es nur eine Schulstunde.

„Die Geschwin­dig­keit des Sys­tems spielt eine gro­ße Rol­le. Sie erlaubt Schüler:innen nicht nur viel aus­zu­pro­bie­ren, son­dern ins­be­son­de­re auch die von uns gestal­te­ten Sequen­zen von Her­aus­for­de­run­gen durch­zu­ar­bei­ten. Bevor Schüler:innen etwa ihre eige­ne Gitar­re gestal­ten und bau­en, arbei­ten sie sich in ein bis zwei Stun­den durch eine Serie von sie­ben Sai­ten­in­stru­men­ten, in denen die ein­zel­nen Ele­men­te einer Gitar­re schritt­wei­se ein­ge­führt und ver­stan­den wer­den. Das erlaubt den Ler­nen­den, die eige­ne Gitar­re am Ende vor dem Hin­ter­grund, der dabei erwor­be­nen Exper­ti­se zu ent­wer­fen und zu bau­en.“, so Baudisch.

Die Lern­in­hal­te wer­den ver­tieft, indem die Schüler:inen Inhal­te mit Hil­fe des Pro­gramms vari­ie­ren und bereits Gelern­tes dabei umset­zen — so kann Inno­va­ti­on ent­ste­hen. Wie wäre es zum Bei­spiel mit einem ver­drill­ten Gitar­ren­hals? Wel­che Sta­tik braucht ein Stuhl, um als sol­cher zu funktionieren?

Lehrer:innen kön­nen so mit dem Kyub-Sys­­tem gezielt bestimm­te Lern­in­hal­te ver­tie­fen und an lebens­na­hen Bei­spie­len einen inno­va­ti­ven Unter­richt für die Schüler:innen gestal­ten. Der Fokus auf Schall­wel­len oder Sta­tik zieht Lern­ein­hei­ten in Phy­sik nach sich. Für Sta­tik braucht es Mathe­ma­tik und Inge­nieurs­wis­sen. Genau­so aber kön­nen Design oder geschicht­li­che Aspek­te zur Spra­che kom­men. Je nach­dem, wie Kyub und der klas­si­sche Lern­plan kom­bi­niert wer­den, kann sich die Klas­se an auto­ma­ti­schen Vor­ein­stel­lun­gen des Pro­gramms bedienen.

Dabei ent­schei­den Lehrer:innen wel­che Her­aus­for­de­run­gen die Schüler:inner stel­len wol­len, und wo das Sys­tem hel­fen darf. Geht es in der Ziel­set­zung des Kur­ses zum Bei­spiel in ers­ter Linie um ein anspre­chen­des Stuhl-Design, dann fügt Kyub beim Ent­wer­fen selbst­stän­dig die not­wen­di­gen Ver­stär­kun­gen ein, so dass der Stuhl im All­tag funk­tio­niert. Fasst der Lehr­plan jedoch Aspek­te der Sta­tik ins Auge, kön­nen genau die­se Auto­ma­tis­men deak­ti­viert wer­den, so dass sich in der Pra­xis schnell bemerk­bar macht, ob der Stuhl über­haupt ein­satz­fä­hig ist. Wer vor Schwie­rig­kei­ten steht, muss aktiv nach Lösun­gen suchen. Das ist näher am rich­ti­gen Leben als es der übli­che Schul­be­trieb sonst leis­ten kann.

Das HPI-Team rund um Prof. Dr. Patrick Bau­disch teilt gern sei­ne Erfah­run­gen und geht mit ande­ren Schu­len in den Aus­tausch. Kon­takt kön­nen Sie über fol­gen­de Mail­adres­se auf­neh­men: schule@​kyub.​com

Kyub, ein Tag mit Lehrer:innen der Grace-Hop­­per-Gesam­t­­schu­­le Teltow:
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