Knöp­fe und Schnal­len aus nach­wach­sen­den Rohstoffen

Wie valu­pa die Mode­indus­trie nach­hal­ti­ger macht

Was wäre die Blu­se oder das Hemd ohne Knöp­fe, unse­re Jeans ohne Reiß­ver­schluss und Taschen ohne Ösen oder Hen­kel? Die­se klei­nen Tei­le an Klei­dungs­stü­cken wer­den oft über­se­hen und stel­len doch einen immensen Anteil an der gesam­ten Mas­se der Mode­pro­duk­ti­on dar. Wer als Konsument:in oder Unter­neh­men Wert auf nach­hal­ti­ge Tex­ti­li­en legt, hat sie sel­ten im Blick. Zwar sind Stof­fe dann ent­spre­chend als umwelt­freund­lich zer­ti­fi­ziert, aber die Knöp­fe oder Ösen wer­den größ­ten­teils wei­ter­hin aus erd­öl­ba­sier­tem Plas­tik her­ge­stellt. In der Mate­ria­li­tät die­ser klei­nen Tei­le liegt eine gro­ße Lücke, die bis­her kaum beach­tet wur­de. Dabei gilt die Mode­indus­trie als zweit­größ­tes Umwelt­pro­blem unse­rer Zeit. Ihr jähr­li­cher CO2-Aus­stoß wird auf cir­ca 2,1 Mil­li­ar­den Ton­nen geschätzt, mehr als der CO2-Aus­toß der fran­zö­si­schen, deut­schen, bri­ti­schen und nord­iri­schen Wirt­schaft zusammen.

Das Media­Tech Hub Acce­le­ra­tor Start-up valu­pa arbei­tet in Pots­dam an einem Gegen­ent­wurf zu Fast Fashion und dar­an, nach­hal­ti­ge Ver­schluss­lö­sun­gen zu pro­du­zie­ren, die kom­pos­tier­bar sind. Statt Erd­öl kommt zum Bei­spiel Poly­milch­säu­re zum Ein­satz, die aus nach­wach­sen­den Roh­stof­fen wie Mais gewon­nen wird. Mit ihrem Fokus auf Kreis­lauf­wirt­schaft und Nach­hal­tig­keit ist valu­pa zur rich­ti­gen Zeit an der rich­ti­gen Stel­le. Die Mode­indus­trie muss umden­ken, Pro­duk­tio­nen wer­den wie­der ver­stärkt nach Euro­pa ver­la­gert und Wert­schöp­fungs­ket­ten trans­pa­ren­ter gemacht. Denn nicht nur die Lie­fer­eng­päs­se wäh­rend der Coro­na­pan­de­mie haben gezeigt, dass wir uns vom Asia­ti­schen Markt unab­hän­gi­ger machen müs­sen. Auch hier wer­den nach­hal­ti­ge Aspek­te, siche­re Arbeits­be­din­gun­gen und kür­ze­re Lie­fer­ket­ten immer wichtiger.

Grün­de­rin und Tex­­­til- & Flä­chen­de­si­gne­rin Ulri­ke Bött­cher hat bereits lan­ge in der Mode­indus­trie gear­bei­tet und stör­te sich immer wie­der dar­an, dass es oft nur um Mas­se und schnel­len Kon­sum ging. Sie ori­en­tier­te sich stär­ker im Nach­hal­tig­keits­seg­ment und war unter ande­rem in Indi­en in einem Pro­jekt mit gewalt­frei­er Bio-Sei­­de invol­viert. Das absur­de dar­an: Die ent­stan­de­ne Taschen­kol­lek­ti­on aus Sei­den­stoff, bei der auf Nach­hal­tig­keit und fai­re Arbeits­be­din­gun­gen gesetzt wur­de, bekam bil­li­ge Plas­tik­reiß­ver­schlüs­se ver­passt. Bei einer Recher­che nach Alter­na­ti­ven fiel ihr auf, dass es sol­che nach­hal­ti­gen Ver­schluss­mög­lich­kei­ten auf dem Markt bis­her nicht gab. Über das Moti­on Lab in Ber­lin kam sie mit Mit­grün­de­rin und Pro­dukt­de­si­gne­rin Nina Kahm­ke in Kon­takt. Mit einer Start­hil­fe des Exist-Grün­­der­s­ti­­pen­­di­ums nahm die gemein­sa­me Geschäfts­idee der bei­den ihren Lauf.

„Nach­hal­tig­keit hat unheim­lich viel mit Pro­dukt­ent­wick­lung zu tun. Es ist die Kom­bi­na­ti­on: Das Design kann dazu füh­ren, dass das Pro­dukt kreis­lauf­fä­hig ist. Vom ver­wen­de­ten Mate­ri­al wie­der­um hängt es ab, ob schäd­li­che Stof­fe in die Umwelt gelan­gen oder nicht. Das sind die zwei Strän­ge, die uns bei jedem Schritt, den wir gehen, beglei­ten“, so CEO Ulri­ke Böttcher.

Rapid Pro­to­ty­p­ing dank 3D-Druck

Aktu­ell steckt valu­pa mit­ten in Mate­ri­al­for­schung und Pro­to­ty­p­ing. Mit Team­mit­glied Faus­ti­ne Rol­le, einer Bio-Che­­mi­ke­rin, wer­den Klein­se­ri­en ent­wi­ckelt und im Spritz­guss­ver­fah­ren Knöp­fe, Gür­tel­schnal­len und Anhän­ger pro­du­ziert. Die Test­ings fin­den in den Labo­ren des Sci­ence Parks in Golm statt und auch in ihrem Büro im Media­Tech Hub Acce­le­ra­tor ste­hen 3D-Dru­­cker und die Spritz­guss­ma­schi­ne, um ers­te Mate­ri­al­pro­ben vor Ort tes­ten zu kön­nen. Zusätz­lich ist die Digi­ta­li­sie­rung ein wich­ti­ger Hebel, um die Nach­hal­tig­keit in der Mode­bran­che zu för­dern. Über Pla­nungs­tools kön­nen die Bedar­fe On Demand her­ge­stellt wer­den. Das wirkt einer Über­pro­duk­ti­on ent­ge­gen und spricht zukünf­tig auch gro­ße Kon­zer­ne an, die momen­tan noch auf asia­ti­sche Mas­sen­wa­re zurück­grei­fen müs­sen. Die­se set­zen sich zuneh­mend mit den Fra­gen nach Nach­hal­tig­keit aus­ein­an­der – und neben den posi­ti­ven Aspek­ten für die Umwelt ist das zwangs­läu­fig auch ein nicht zu unter­schät­zen­des Mar­ke­ting­in­stru­ment. Als Kon­kur­rent für den asia­ti­schen Markt sieht sich valu­pa ohne­hin nicht, ihre Pro­duk­te sol­len und kön­nen mit den Prei­sen nicht kon­kur­rie­ren. Im mitt­le­ren Preis­seg­ment ange­sie­delt, über­zeu­gen valu­pa durch Qua­li­tät und Transparenz.

„Unse­re Vor­tei­le lie­gen dar­in, dass man mit 3D-Druck schon sehr gut Pro­to­ty­pen ent­wi­ckeln, einen Form­bau für den Spritz­guss vor­be­rei­ten und direkt auf indi­vi­du­el­le Wün­sche ein­ge­hen kann“, so CPO Nina Kahm­ke. Ob Bran­ding, Far­be oder Ober­flä­che: Durch die Druck­me­tho­de und digi­ta­le Design­pro­zes­se bedient das Start-up unter­schied­li­che Kun­den­wün­sche auch für Klein­se­ri­en. Ein Online-Kon­­­fi­­gu­ra­­tor soll lang­fris­tig dazu bei­tra­gen, sol­che Pro­zes­se noch wei­ter zu digi­ta­li­sie­ren. Damit setzt valu­pa gleich auf zwei Stand­bei­ne. Denn auch die Groß­pro­duk­ti­on ist das Ziel. Momen­tan sind die Grün­de­rin­nen für das Fund­rai­sing mit Busi­ness Angels und Start-up-Net­z­­wer­ken im Gespräch.

“Wir wol­len garan­tie­ren, dass auch bei Groß­pro­duk­tio­nen kein Green­wa­shing im Spiel ist.”

„Dafür müs­sen vie­le Schrit­te inein­an­der­grei­fen und es braucht Detail­ge­nau­ig­keit, um Mate­ria­li­en wie Erd­öl an allen Pro­duk­ti­ons­schrit­ten aus­schlie­ßen zu kön­nen“, so Ulri­ke Bött­cher. Die Mas­sen­pro­duk­ti­on im Spritz­guss ist eine ande­re als mit dem 3D-Druck. Die indus­tri­el­le Fer­ti­gung und Ska­lie­rung mit dem Anspruch an die Ver­wen­dung von Bio-Mate­­ria­­li­en ist damit die nächs­te Her­aus­for­de­rung. Aber nicht umsonst steht der Name valu­pa für „value“ und „parts“ – denn jedes noch so klei­ne Teil, das Zube­hör an jeder Tasche, Jacke oder Ruck­sack hat einen Wert, wenn es um ein ganz­heit­li­ches Umden­ken in der Mode­bran­che geht.

Für die lau­fen­de Finan­zie­rungs­run­de suchen die Grün­de­rin­nen nach pas­sen­den Part­nern und Know-How in den Berei­chen Gre­en­Tech, Impact, Nach­hal­ti­ge Mode und Pro­duk­ti­on. Kon­takt­an­fra­gen und Netz­werk­mög­lich­kei­ten kön­nen hier­für ger­ne per Email an team@​valupa.​de geschickt werden.

Um Neu­ig­kei­ten aus dem Start-up-All­­tag nicht zu ver­pas­sen und über aktu­el­le Events auf dem Lau­fen­den zu blei­ben, kann man valu­pa in den sozia­len Netz­wer­ken hier folgen:

Lin­ke­din: https://​www​.lin​ke​din​.com/​c​o​m​p​a​n​y​/​valupa
Insta­gram: https://​www​.insta​gram​.com/​_​v​a​lupa_/
Web­sei­te: https://​www​.valu​pa​.de/

Mehr über den MTH Blog

Die Medientechnologien der Zukunft werden bereits heute angewendet – nicht nur im Entertainmentbereich sondern in den unterschiedlichsten Branchen. Für unseren MediaTech Hub Potsdam Blog spricht Christine Lentz einmal im Monat mit Tech-Enthusiast:innen, Unternehmer:innen und Forscher:innen und erzählt die Geschichten, die hinter ihren innovativen Geschäftsmodellen, Ideen, Projekten oder Kooperationen stecken.