2021-dwerft_MetadatenSpezial_klein

Seman­ti­sche Tech­no­lo­gien für kom­ple­xe Metadaten

Wie das dwerft- For­schungs­bünd­nis den Struk­tur­wan­del der Film- und TV-Bran­che vorantreibt

Die Film­welt scheint mit ihren digi­ta­len visu­el­len Effek­ten und Strea­ming­platt­for­men spä­tes­tens seit Wer­ken wie Ava­tar oder Incep­ti­on und Platt­for­men wie Net­flix ein Vor­rei­ter der Digi­ta­li­sie­rung zu sein. Aber ist das tat­säch­lich so? Auch wenn man sich längst von 35 Mil­li­me­ter ver­ab­schie­det hat und mit Bits und Bytes gan­ze Gala­xien erschaf­fen kann: Die Pro­duk­ti­ons­ket­te im Hin­ter­grund ver­läuft alles ande­re als digital.

Das For­schungs­pro­jekt dwerft – lin­ked meta­da­ta for media will das ändern und forscht seit drei Jah­ren am Stand­ort Babels­berg zu Meta­da­ten und Künst­li­cher Intel­li­genz in der Film- und Fern­seh­bran­che. Jetzt befin­det sich das vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung geför­der­te For­schungs­pro­jekt für inno­va­ti­ve Medi­en­tech­no­lo­gien in der Abschluss­pha­se. Die Ergeb­nis­se und ers­te Pro­to­ty­pen wer­den erst­mals im Rah­men der Media­Tech Hub Con­fe­rence am 10. und 11. Novem­ber in Pots­dam vorgestellt.

„Was kommt nach der Künst­li­chen Intel­li­genz? Mit die­sem Cre­do sind wir her­an­ge­gan­gen.“ erklärt dwerft-Pro­­jek­t­­ko­or­­di­na­­to­rin Clau­dia Wolf den Ansatz. Künst­li­che Intel­li­genz (KI) wird bereits auf fer­ti­gen Con­tent ange­wandt und kann zum Bei­spiel bei der Suche nach Bild­mo­ti­ven, Ton­se­quen­zen und Text­tei­len trai­niert wer­den. Aber um die Such­al­go­rith­men rich­tig bedie­nen zu kön­nen, braucht es Meta­da­ten. Und je bes­ser die­se auf­be­rei­tet sind, des­to bes­ser kann die KI sie aus­wer­ten. Dann erst las­sen sich die audio­vi­su­el­len Wert­schöp­fungs­ket­ten voll aus­nut­zen und Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se gut automatisieren.
Wenn es um die Zukunft von Film­dis­tri­bu­ti­on, Mar­ke­ting und Auto­ma­ti­sie­rung geht, sind die Meta­da­ten also der ent­schei­den­de Fak­tor. Für die Endkund:innen sind sie rele­vant, wenn es um Film­vor­schlä­ge auf Strea­ming­platt­for­men oder ganz spe­zi­fi­sche Such­an­fra­gen geht: Roman­ti­sche Fil­me am Valen­tins­tag Gemüt­li­che­Herbst­fil­me mit Sze­nen im Cen­tral Park,oder doch lie­ber die bes­ten Fil­me mit Sound­track zu Sieb­zie­ger Jah­re Musik? Das alles lässt sich mit der rich­ti­gen Meta­­da­­ten-Ver­­­knüp­­fung auf­be­rei­ten und anzeigen.

Auto­ma­ti­sier­te Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se und Dis­tri­bu­ti­on dank Metadaten

Wich­ti­ger für die Film­pro­duk­ti­on sind aller­dings die Meta­da­ten, die bereits wäh­rend des Drehs und in der Vor­pro­duk­ti­on vor­han­den sind. Schon ein Dreh­buch ent­hält Infor­ma­tio­nen zu Schauspieler:innen, Kos­tüm, Uhr­zeit, Wet­ter und Dreh­or­ten, die aber in der wei­te­ren Pro­duk­ti­on nicht mehr als auf­be­rei­te­te Daten mit­lau­fen und oft ver­lo­ren gehen. Die­se Meta­da­ten gilt es im Ent­ste­hungs­pro­zess syn­chron rich­tig auf­zu­be­rei­ten, um sie spä­ter für die pas­sen­de Ver­wer­tung zur Hand zu haben.

Clau­dia Wolf: „Momen­tan gibt es in den Pro­duk­ti­ons­pha­sen Daten­si­los, die eigent­lich ver­knüpft wer­den müss­ten. Die dwerft-Lösung zielt drauf ab, Meta­da­ten bereits wäh­rend der Pro­duk­ti­on abzu­spei­chern und für die­se Daten einen geeig­ne­ten Wert­schöp­fungs­kreis­lauf zu erzie­len. Unser Ziel ist die best­mög­li­che Auf­be­rei­tung, damit sie jeder­zeit allen Gewer­ken zur Ver­fü­gung gestellt wer­den können.“

Die Meta­da­ten von Ton­spu­ren, Kame­ra­bild, Kos­tüm etc. sind erfasst, wer­den kate­go­ri­siert und über­grei­fend zusam­men­ge­führt. Um all die­se Zusatz­in­for­ma­tio­nen wirk­lich ver­wer­ten zu kön­nen, braucht es tech­ni­sche Ver­bin­dun­gen. Dafür hat das dwerft-Pro­­jekt Struk­tu­ren ent­wi­ckelt und seman­ti­sche Ver­bin­dun­gen erforscht. Die betei­lig­ten Part­ner DRA Stif­tung Deut­sches Rund­funk­ar­chiv, film­wer­te GmbH, Inter­la­ke Media GmbH, Rotor Film und trans­fer­me­dia pro­duc­tion ser­vices haben ihre Exper­ti­se und teils eige­ne Sof­t­­wa­re-Lösun­­gen bei­gesteu­ert: das Deut­sche Rund­funk­ar­chiv zu Archi­vie­rung, film­wer­te mit Video-on-Demand oder Rotor Film mit einem eige­nen Plug­in für die Post­pro­duk­ti­on. Die Lin­ked Media Data Cloud ist die Kern­tech­no­lo­gie, auf die wei­te­re Soft­ware­lö­sun­gen auf­ge­setzt wer­den kön­nen. Die Daten wer­den dort so gut abge­bil­det, dass je nach Zweck dar­auf zuge­grif­fen wer­den kann – also eine Wis­sens­da­ten­bank in der viel seman­ti­sche Vor­ar­beit steckt.

Nut­zung und Ver­mark­tung von Musik und Social Media

Auf der Media­Tech Hub Con­fe­rence stel­len die dwerft-Ver­­an­t­­wor­t­­li­chen zudem einen beson­de­ren Case mit der GEMA vor. Film­mu­sik ist ein wich­ti­ger Fak­tor bei Pro­duk­ti­on und Ver­wer­tung von Fil­men. Zum einen braucht es für den Sound­rack die dazu­ge­hö­ri­gen Musik­rech­te, die bei der GEMA jeweils extra ange­for­dert wer­den müs­sen. Dazu wer­den manu­el­le Auf­lis­tun­gen erstellt und ein­ge­reicht. Umge­kehrt ent­ste­hen für Fil­me oft eige­ne Kom­po­si­tio­nen, die wie­der­rum an die GEMA zur Rech­te­ver­wer­tung gehen. Zusam­men mit der dwerft wur­de dar­an gear­bei­tet, dass Produzent:innen zukünf­tig Musik­quel­len direkt über die Data­ba­se der GEMA inte­grie­ren kön­nen, die ihnen alle nöti­gen Infor­ma­tio­nen zur Ver­fü­gung stellt. Jede Art von Musik wird mit einem bestimm­ten Time­code ver­bun­den, um sie an der rich­ti­gen Stel­le zu iden­ti­fi­zie­ren. Etwas, das nun nicht mehr am Ende des Pro­duk­ti­ons­pro­zes­ses pas­sie­ren muss, son­dern direkt wäh­rend der Ent­ste­hung auto­ma­ti­siert abläuft.

Meta­da­ten wäh­rend des Pro­duk­ti­ons­pro­zes­ses haben auch Ein­fluss auf zukünf­ti­ge Film- und Fern­seh­pro­duk­tio­nen. Soge­nann­te Pre­dic­ti­ve Ana­ly­tics, die auf Künst­li­cher Intel­li­genz basie­ren, schla­gen auto­ma­tisch Hauptdarsteller:innen und Loca­ti­ons vor oder stel­len Ver­glei­che zu ähn­li­chen Fil­men und deren Ver­mark­tung an – noch bevor ein Dreh statt­fin­det. Dar­un­ter fällt auch Social Media Mar­ke­ting. „Mit der Film­dis­tri­bu­ti­on wer­den auf Social Media vie­le Daten erzeugt, die sich zum Bei­spiel um Regisseur:innen, Schauspieler:innen, Sto­ries oder Dreh­or­te dre­hen. Mit der Daten­bank, unse­rer dwerft-Onto­­lo­­gie, ver­netz­ten wir sie und brin­gen sie in eine struk­tu­rier­te Form.“, so Clau­dia Wolf. Einen sol­chen Case und wei­te­re Geschäfts­pro­zes­se rund um die Lin­ked Media Data Cloud zeigt dwerft eben­falls gemein­sam mit Kooperationspartner:innen auf dem Panel der MTH Con­fe­rence im Novem­ber 2021.

Zum Abschluss der För­der­pha­se geht das For­schungs­pro­jekt in die wei­te Welt und die ein­zel­nen Pro­to­ty­pen wer­den bis zur Markt­rei­fe ent­wi­ckelt. Vom 3. bis 6. Dezem­ber 2021 ist das dwerft-Bün­d­­nis als Aus­stel­ler im Ger­man Pavi­li­on auf der IBC Ams­ter­dam vertreten.

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Die Medientechnologien der Zukunft werden bereits heute angewendet – nicht nur im Entertainmentbereich sondern in den unterschiedlichsten Branchen. Für unseren MediaTech Hub Potsdam Blog spricht Christine Lentz einmal im Monat mit Tech-Enthusiast:innen, Unternehmer:innen und Forscher:innen und erzählt die Geschichten, die hinter ihren innovativen Geschäftsmodellen, Ideen, Projekten oder Kooperationen stecken.